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LUNAR AURORA-”Hoagascht”
LUNAR AURORA – „Hoagascht“
Fakten aus den tiefsten Wäldern Oberbayerns: seit 1994 aktive Black Metal Band, 8 veröffentlichte Alben, 2007 ein Abschiedsalbum („Andacht“) um sich auf andere Projekte zu konzentrieren und 2012 das Comebackalbum am Start. Sindar ist mittlerweile nicht mehr an Bord und so haben Aran und Whyrhd das Steuer in die Hand genommen. Freunde der Band werden sich darüber freuen, unbekannte Ohren dürften hier einiges zu entdecken bekommen.
Das besondere vorab: bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um das erste (und einzige) Black Metal Album, das komplett in oberbayrischer Sprache eingesungen wurde. Wer nun Musikantenstadl und Co erwartet, kann beruhigt aufatmen, denn das Experiment funktioniert nicht nur, sondern zündet auch noch ordentlich! Gleich der Opener „Im Gartn“ führt den Hörer über depressive Synthesizerteppiche und gesprochenen Textpassagen in ein forderndes Schlagzeug, um mit räudigen Gitarrenriffs und einer dreckigen Krächzstimme die Schönheit des Todes zu bewundern. Die erhabenen Keyboards halten dabei die dunkle Grundstimmung immer im Mittelpunkt. Saugeiler Anfang! Das Schlagzeug kommt zwar aus der Konserve, wurde produktionstechnisch jedoch fleißig mit Dreck beworfen, um einen räudigen Klang zu erschaffen. Gelegentliche Doublebass Attacken kommen ebenso frisch rüber, wie das dominante China Becken.
Die Mischung aus bedrohlichen Synthies, dreckigen Riffs und räudigen Vocals wird auch über das gesamte Album beibehalten, wobei man sich hier überwiegend im Midtempo austobt, was der Atmosphäre sehr gut zu Gesicht steht. Dezent eingesetzte Geräuschkulissen runden die Sache ab und gelegentlich lässt man sich hier auch zu schnelleren und typisch Black Metallastigen Spielweisen hinreißen, was die Stimmung kurzfristig ins Wanken bringt. Gerade die epischen Stücke entfalten ihre ganze Kraft in sekundenschnelle und nehmen den Hörer ganz für sich ein. Auch der Doom Faktor kommt hier nicht zu kurz und so wird man gefühlsmäßig zwischen der Schönheit der Natur und dem Angst vor dem Tod hin- und her gerissen. Die Produktion kommt wuchtig mit einem Einschlag von räudig daher; nicht zu bombastisch, aber auch nicht zu dünn. Straight ins Ohr und direkt ins Gehirn ist hier die Devise.
Fazit: Fans der Band werden sich zurecht ĂĽber die RĂĽckkehr freuen, Black Metal Freunde (egal ob bombastisch oder old school), die noch nie was von der Band gehört haben, sollten sie unbedingt antesten. Einige werden sie genial finden, andere „Nur“ gut, aber mit dem Album kann man bestimmt nichts falsch machen. Ich möchte das Review mit dem Zitat meines Lieblingssongs beschlieĂźen, der die Atmosphäre des Albums sehr gut widerspiegelt: „Der Tod muss so schön sein. In weicher, brauner Erde zu liegen, das Gras ĂĽber dem Haupt und der Stille zu lauschen…“
5/6 Punkten
Radu
SECRETS OF THE MOON
Neues Futter fĂĽr Augen und Ohren von SECRETS OF THE MOON. Am 16. März erklingt “Seven Bells” aus den heimischen Boxen und als Vorgeschmack gibt´s den Song “Nyx” auf dem heimischen Monitor. Viel SpaĂź!
LES DISCRETS VIDEO
Das erste Video der franzosen LES DISCRETS ist online. Ein Appetizer auf das im Februar erscheinende Album “Ariettes Oubliées…”
Watch below!
ENTHRONED ALBUM
Die belgische Abrissbirne ENTHRONED meldet sich am 20.03.2012 mit ihrem Album “Obsidium” zurĂĽck. FĂĽr die Black Metal JĂĽnger, die einem neuen Cover huldige wollen, das Artwork anbei.
ALCEST – „Les Voyages De L’Ă‚me“
ALCEST – „Les Voyages De L’Ă‚me“
Endlich ist es soweit und die Fans der französischen Ausnahmetruppe ALCEST werden mit der neuen Langrille „Les Voyages De L’Ă‚me“(„Seelenreise“) beglĂĽckt. Erwartungsgemäß hoch waren die Erwartungen, nach dem Kleinod „Ecailles De Lune“ und der EP „Le Secret“. Die Weiterentwicklung wurde vorab mit einem Video angezeigt, doch wie schaut´s auf dem Langeisen aus?
Gleich zu Beginn entfalten Neige & Co ihre gesamte Kraft mit der Singleauskopplung „Autre Temps“, der ordentlich zu begeistern weiß und die Eintrittskarte in die tiefe Seelenreise ist. Mit eingehendem Riffing startet „Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles“, um sich in cleane Gitarren, bedächtigem Druming und Neiges Stimme zu verlieren. Die Bridge ist dann auch schon der erste unsterbliche Gänsehautfaktor; Stakkato Drumming vermischt sich mit eingemischten Schreien, während die klare Stimme den Song voran trägt, bevor der Krächzgesang übernimmt und der schnelle Part eingeläutet wird, was von den Black Metal Wurzeln kündet. ALCEST verstehen die Stimme als eigenes Instrument das sich dermaßen an seine Umgebung anpasst, dass die Atmosphäre bereits den Inhalt der Texte wieder spiegelt. In den knapp 9 Minuten entfalten die Jungs ihr ganzes Können und fesseln den Hörer von der ersten bis zu letzten Minute. Geil!
Der Titeltrack der Seelenreise kommt bedächtiger daher; mit einem gemütlichen Einstieg steigert man sich langsam ins Midtempo und wird von einer verträumten Parallelwelt umsponnen, der man sich kaum entziehen kann. Innere Ruhe und kindliche Neugierde geben sich in dieser Gefühlswelt die Klinke in die Hand, während fern am Horizont die Gitarrenmelodien daran erinnern, dass man grad eine metallische Platte hört. Auf dem Höhepunkt es Songs wird man noch mit einer weiteren Gänsehaut beglückt.
Der obligatorische Ohrwurm „Nous Sommes L’Emeraude“ vervollständigt das Gesamtkunstwerk der Platte getreu dem Motto Mal-zwischendurch-in-die Parallelwelt-versinken. Auch 2 Instrumentalstücke gibt es, die sowohl die melancholische, als auch die Black Metal Jünger ansprechen. Obwohl es in erster Linie melodisch, clean und ruhig zugeht, wurde die Krächzstimme nicht eingemottet, sondern bleibt auch weiterhin fester Bestandteil des Albums. „Summer´s Glory“ bildet den fulminanten Abschluss der Platte, die den Hörer wieder in die Realität entlässt.
Insgesamt habe ALCEST den Härtegrad und die straighte Schiene etwas zurĂĽckgefahren, um eine dichte Atmosphäre zu erschaffen. Die Instrumente sind sehr schön aufeinander abgestimmt, die Produktion ist glasklar und das Songwriting abwechslungsreich. Nach dem ersten Durchhören hat man den Eindruck, dass die Jungs etwas an Biss verloren haben und stellenweise ins Kitschige abdriften könnten, ehe sie sich problemlos wieder fangen. Das erste Durchhören ist ganz nett und auch schön zum Entspannen, aber die wahre Größe der Songs offenbart sich erst nach mehrmaligem Durchhören. Bei der Seelenreise gibt Neige vieles von seiner inneren Welt preis, während er musikalisch Elemente von „Souvenirs d’un Autre Monde“ und „Écailles de Lune“ verschmelzen lässt, um neue Wege zu beschreiten. Menschliche Emotionen wurden hier musikalisch genial umgesetzt.
Empfehlenswert ist auch das limitierte Buch zum Album, das neben schönen Fotos auch mit dem Video zu „Autre Temps“ aufwarten kann. Das schöne Cover und die komplette Aufmachung runden die Sache ab.
Fazit: Mit der Seelenreise setzen ALCEST ihren musikalischen Triumphzug durch Parallelwelten fort. Freunde der harten Klänge und Black Metal Wurzeln könnten hier etwas vermissen, während Anhänger der melodischen Klänge hier definitiv eine Offenbarung finden. Eines ist jedoch sicher: die Platte ist in Sachen Gesamteindruck, Produktion, Songwriting und Atmosphäre über jeden Zweifel erhaben. Die Vertonung von Emotionen ist definitiv ein Handwerk, das ALCEST perfekt beherrschen!
6/6 Punkten
Radu
WOODS OF DESOLATION -”Toward the Depths”
WOODS OF DESOLATION – „ Toward The Depths“
Depressiver Black Metal aus dem ansonsten so sonnigen Australien. Was 2005 als Duo begann, wuchs mit der Zeit im Untergrund heran und brachte einige Splits und Ep´s hervor, bevor es zum ersten Full Length Album wuchs, das auf den Namen “Toward The Depths“ hört und nun wieder veröffentlicht wurde.
Abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit wird auf diesem Output zelebriert, das sich durch schleppendes Drumming, hypnotischen Riffs und diversen Akustikintermezzi in einer finsteren Atmosphäre wieder findet. Dabei setzen die Jungs auf eingehende, leicht nachvollziehbare Melodien und Abwechslung bei der Trackreihenfolge. So wird der Hörer nach dem 10 minütigen Trauerepos „When The Frost Comes Falling Down“ mit einem kleinen Akustikpart zum Entspannen eingeladen, bevor es mit dem (verhältnismäßig kurzen) „ A Time Of Eternal Darkness“ sogar einen Ausflug in die Midtempo Landschaft gibt.
Die Songs strahlen eine gelungene Atmosphäre aus und entführen den Hörer fix in die Abgründe der Seele. Leider muss man sich dabei durch einen extrem knarzigen und rauen Sound kämpfen; es rauscht an allen Ecken und Kanten, wobei man das Schlagzeug und die Gitarren noch gut auseinander halten kann. Größtes Opfer der Produktion ist allerdings der Gesang, der teilweise komplett untergeht. Man kann die Songs teilweise mehr erahnen, als tatsächlich genießen und as ist leider auch das Manko an der ganzen Platte.
Die Songstrukturen bringen eine ordentliche Atmosphäre, werden aber vom retro Black Metal Sound zum größten Teil verschluckt, was extrem schade ist. Mit mehr Feinschliff bei der Produktion hätten die Jungs sich einen großen Gefallen getan, denn hinter den Songs müssen sie sich wahrlich nicht verstecken!
Fazit: Geiles Album, das aufgrund einer üblen Produktion dem Hörer einiges abverlangt. Der Zugang ist schwierig, aber wen rauschender Sound nicht abschreckt, kann hier ein depressives Kleinod entdecken.
3/6 Punkten
Radu
BELENOS – „Spicilège“
BELENOS – „Spicilège“
Hinter dem Bandnamen verbirgt sich der gallische/keltische Gott der Sonne. Ebenso mystisch und stolz kann diese Band auf eine ordentliche Historie zurückblicken, die seit 1996 mit einigen ausverkaufte Demos und Alben aufwarten kann. Ursprünglich wurde die Band (schon fast traditionsgemäß) als Ein-Mann Projekt aus der taufe gehoben und präsentiert uns hier ein Rerelease mit einigen Extras.
Ganze 19 Sekunden darf der Hörer gespannt Akustikgitarren und Meeresrauschen lauschen, bevor Belenos ihre ganze Kraft auf die Gehörgänge niederprasseln lassen, und da gibt es einiges zu hören. Das sraighte und gleichzeitig leicht verspielte Schlagzeug bietet hier Grundlage für ganze 9 Songs, bei denen sowohl die Knüppel- als auch Epikfraktion richtig glücklich gemacht wird. Getragene Momente gehören ebenso zum Songwriting, wie straightes Gerotze, untermalt von Gekrächze und Chören. Bei den Gitarren scheint das Motto zu sein so viel wie möglich zu dürfen, aber um jeden Preis abwechslungsreich zu sein, was hier super funktioniert.
Die Songs jagen mit einer ordentlichen Packung Dynamik durch die Lauscher, strotzen aber nur so von komplexem Songwriting, so dass man immer wieder mit neuen Elementen überrascht wird, die auch nach dem 10. Durchhören Spaß machen. Es vermischen sich sowohl Pagan, als auch Folk Elemente in den songs, wobei der aggressive Black Metal Banner über allen thront. Große Namen fallen einem hierbei teilweise ein, aber dieses Werk ist einfach zu authentisch, um Vergleiche herbeizuziehen.
Die Produktion ist glasklar, ohne an Bombast oder dreckiger Atmosphäre einzubüßen und so kommen Gitarrenattacken wie Föteneinsätze gleichermaßen zur Geltung. Neben den 9 Songs gibt´s noch 3 Live Granaten und 4 neue Versionen der ersteren Songs. Schwachpunkte auf dieser Langrille zu suchen gestaltet sich sehr schwierig, weil alles aus einem Guss kommt, Atmosphäre hat, gut produziert ist und auch längere Zeit im Ohr bleibt. Ich denke, dass es zwar noch ein wenig Luft nach oben gibt, aber was hier geboten wird ist einfach nur ganz großes Kino!
Fazit: geile Scheibe! Black Metal mit zeitgemäßen Einflüssen, verpackt in einer authentischen Schale. Freunde extremer Schwarzklänge können hier bedenkenlos zuschlagen.
5,5/6 Punkten
Radu
AUGRIMMER – “Nothing Ever Was”
AUGRIMMER – „Nothing Ever Was“
Eine Minute Intro (cleane Gitarre, Solo im Hintergrund, Gesang) und ab dafür! AUGRIMMER lassen sich nicht lange bitten und reißen sofort mit „Barbarism Rises“ den Vorhang auf, um eine 42 minütige Black Metal Show zu beginnen. Treibendes Drumming, schreddernde Gitarren und eingängige Melodien sind dabei ihr Markenzeichen. Die Vocals krächzen sich den Weg durch die Ohren und innerhalb weniger Sekunden ist man wieder in den 90ern, in denen Black Metal seine Blütezeit erlebte.
Abwechslung dominiert das Songwriting und so gibt´s neben sägenden Gitarrenfriffs auch groovige Momente, die von einem Midtempo Schlagzeug (und durchgezogener Double Bass) und Gitarrensoli umrahmt werden. Abrupt wird der Song auch mal unterbrochen, um ein Akustikintermezzo einzubauen, was den Songs einiges an Eingängigkeit verleiht. Der Gesang variiert von kehlig krächzend bis hin zu melancholisch singend und lässt AUGRIMMER dadurch aus der Masse (teils positiv, teil negativ) auffallen.
Die Produktion ist fett genug, um den Songs Druck zu verleihen, ohne jedoch dem Black Metal Flair zu schaden. Die Instrumente sind ordentlich gespielt und das Songwriting ist abwechslungsreich gehalten. Mit einigen kleineren Ergänzungen (z.B. Geräuschkulissen wie Wind, Regen oder so etwas in der Richtung; mehr Delay bei der Gitarre) in den Akustikpassagen würden die Songs ordentlich Gänsehaut zaubern. Auch der klare Gesang ist definitiv ausbaufähig; gerade beim ruhigen Stück „Harbringer Of The Night“ verleiht er zum Anfang zwar Atmosphäre, entfaltet jedoch nicht seine ganze Kraft.
Fazit: Im Großen und Ganzen ist AUGRIMMER mit ihrem zweiten Album ein gutes Ergebnis gelungen, das sich noch ausbauen lässt. Die Abwechslung und Mischung macht schon einiges her. Ich würde der Band wünschen, dass sie noch an dem cleanen Gesang und an einigen kleineren Ideen arbeitet, damit sich die ganze Kraft der Songs entfalten kann. Das Zeug dazu haben AUGRIMMER jedenfalls.
4/6 Punkten
Radu
FARSOT INTERVIEW
Mit dem aktuellen Album „Insects“ definieren FARSOT den Schubladenbegriff „Avantgarde Black Metal“ auf ihre eigene Weise und lösen sich von jeden Rahmenbedingungen, um ein eigenständiges Stück Musikkunst zu schreiben. Gitarrist v.03/170 und Sänger 10.XIt stellten sich tapfer unseren Fragen zum Interview.
Hallo und erstmal danke für eure Zeit und herzlichen Glückwunsch zu eurer aktuellen Langrille! Wie geht´s dir und wie sind bis jetzt die Reaktionen auf „Insects“? Gab es bereits erste Feedbacks von den Fans?
v.03/170: Hallo, vielen Dank. Soweit ganz gut. Jetzt, da das Album nach langem Warten auf dem Markt ist, ist man doch ein wenig erleichtert, die schwere Geburt vollbracht zu haben. Die bisherigen Reaktionen sind, im Gegensatz zu unserem Erstling sehr kontrovers. Es gibt Leute, die das Album in den Himmel loben, genauso aber wird es von Grund auf als schlecht empfunden. Wir haben sicher einen Weg eingeschlagen, der viele Liebhaber der „IIII“ enttäuscht haben mag, aber sind uns selbst konsequent treu geblieben. Uns geht es nicht darum, Erwartungshaltungen zu erfüllen, sondern uns zu entwickeln und damit zu überraschen – sei es im positiven oder negativen Sinne.
Wie kam es zu dem Albumtitel? Von der philosophischen Seite her sind Insekten älter als die Menschheit selbst und dürften uns vielleicht sogar überleben. In Kombination mit eurem Albumcover macht das Album nicht nur musikalisch, sondern auch textlich und optisch was her. Erzählt uns bitte etwas über den Hintergrund der Covergestaltung und der Texte.
10.XIXt: FĂĽr den Titel entschieden wir uns noch vor Fertigstellung des Albums. Er ist direkt, prägnant – gibt dennoch genug Spielraum zur Eigeninterpretation und lässt Fragen offen, welche beim intensiven Beschäftigen mit dem Album auf individuelle Weise beantwortet werden. In Kombination mit dem Cover, dem Lyrik-Konzept und der Musik entstand die von uns erwĂĽnschte dichte, dĂĽstere und sogleich mysteriöse Melange „Insects“. Die Manipulationen im Booklet (basierend auf Kupferstichen von Gerard De Lairesse, angefertigt fĂĽr einen anatomischen Bildband des Niederländers Govard Bidloo im Jahr 1685) und auf dem Cover erschienen uns das gesponnene Konzept perfekt abzurunden und den erdigen Charakter des Albums sehr stimmig zu untermalen. Durch das Einbinden der Insektenthematik in die Grafiken schufen wir einen abgrĂĽndigen Plot, welcher einen intensiven Bezug zu dem in den Lyrics beschriebenen Vergleich zwischen der Menschheit und den Insekten. Der aufgeschlossene Hörer wird bei dieser GegenĂĽberstellung zum Nachdenken angeregt und stellt ihm Fragen, welche – wie er bald feststellen wird – mehr oder weniger rhetorischer Natur sind. „Inwiefern bin ich Insekt?”, „Degradiere ich mich durch meine Verhaltensweisen nicht etwa selbst zum sogenannten Ungeziefer?”, „Ist unsere Spezies ĂĽberhaupt so anpassungsfähig, wie wir stets von uns behaupten?“ „Ist der Mensch in der Tat die Krone der Kreation, die er von sich behauptet zu sein?” und „Ist nicht etwa das Insekt das ĂĽberlebensfähige Individuum im Kampf ums Ăśberleben?”
Auf welche Art und weise finden die Texte ihren weg in eure Lieder? Gibt es eine bestimmte Inspiration oder Stimmung, die ihr dafür benötigt?
v.03/170: Die Stimmung haben die Lieder selbst mitgebracht. Anders, als beim Vorgängeralbum, ist das lyrische Konzept nicht vor’m Entstehungsprozess der Songs entstanden, sondern auf die fertigen StĂĽcke angepasst. Unser Sänger hat sich hierbei vom Grundcharakter inspirieren lassen. Jedoch war schon im frĂĽhen Stadium des Albums zu bemerken, dass die Thematik eine Endzeitliche sein wĂĽrde.
Stilistisch gibt es hier eine Menge zu entdecken; euer Album nimmt den Hörer schnell mit, lässt ihn aber auch langfristig immer neue Details erkennen. Habt ihr dafür eine bestimmte Vorgehensweise, oder verlasst ihr euch ganz auf euren Instinkt?
v.03/170: Ein Rezept gibt es dafür nicht. Wir schreiben mehr oder weniger aus dem Bauch heraus. Natürlich kommt uns dadurch eine musikalische Offenheit der einzelnen Bandmitglieder in seine spezielle Richtung zugute. Hier fließen Stilistiken aus den Geschmäckern sämtlicher Musiker zusammen.
Durch die englische Sprache werdet ihr auch international Leute erreichen, denen eure Texte vielleicht bis dato verschlossen war. Wie kam es dazu?
v.03/170: Was du da ansprichst, war garnicht die eigentliche Intention hinter den englischen Lyrics. Wir haben, wie oben schon angesprochen viel experimentiert, doch schon in der frühen Entstehungsphase der Werke war uns klar, dass zu dieser Art von Musik, deutsche Texte schlichtweg unpassend wären.
Wenn ihr jemandem, der noch nie etwas von euch und „Insects“ gehört hat, mit wenigen Worten einen Einblick auf euer letztes Werk geben würdest, wie würden sie lauten?
v.03/170: Trocken, erdig, vielseitig, durchdacht, intensiv. Blackmetal jenseits von Konventionen und Schubladen.
RĂĽckblickend auf eure Bandgeschichte: wie kam es zu eurem Namen FARSOT und welche Bedeutung hat er?
v.03/170: Die Namenswahl ist bei jeder Band ein heikles Thema. Oft sind Namen einfach zu lang, zu kitschig, nicht sehr einprägsam oder schlicht und einfach schon vergeben. Das Wort „farsot“ stammt aus dem Alt-Schwedischen, bedeutet soviel wie „Epidemie“ und schien uns mit seiner Kürze und Prägnanz auf Anhieb als passend.
Wenn man euch auf „Insects“ in eurem Element hört scheint ihr sehr nah bei euch selbst zu sein. Vergleiche mit anderen Bands sind hier nebensächlich, weil ihr einen eigenen Stil habt. Somit seid ihr auch nur schwer in eine Richtung einzuordnen. Was denkt ihr über die Musikszene heute im Vergleich zu euren Anfangstagen? Hat sich vieles verändert und was bedeutet es für euch persönlich?
v.03/170: Die Musikszene ist mittlerweile gespalten. Es gibt diejenigen, die auf alten Werten und dem Grundgedanken des einstigen Black Metal beharren, der Rohheit, der Kälte und musikalischen Simplizität. Die andere Seite hingegen steht für Fortschritt und Entwicklung in der Musik. Sie beugen sich nicht den Konventionen, auf denen die „Old-Schooler“ beharren und sind offen für Einflüsse aus anderen Sparten. Die Darstellung ist hier sehr grob und dualistisch, aber wenn man einen ausführlicheren Überblick geben wollte, könnte man sicher ein Buch füllen. Sicher hat jede Ansichtsweise dahingehend ihre Berechtigung, für mich persönlich zählt allerdings eher die musikalische Weiterentwicklung, als der Grundgedanke der Szene.
Gibt es neben der Musik noch andere Dinge, in denen ihr euch kreativ entfaltet?
v.03/170: Die gibt es. Bestes Beispiel sind die Artworks unserer Alben. Die wurden alle von unserem Sänger entworfen. Einige Aufnahmen, wie beispielsweise das Demo „042103freitod“ oder das Katatonia-Cover „I break“ wurden von uns selbst aufgenommen, den kurzen Videotrailer für „Insects“ haben wir auch selbst angefertigt. Das sind bisher nur band-interne Beispiele, natürlich ragt die Palette auch über die Arbeit an und mit der Band hinaus.
Ihr habt euch mittlerweile auch einige Fans erspielt. Welche Veränderungen bei live Auftritten verspürt ihr, wenn ihr an eure ersten Gigs denkt?
v.03/170: Eigentlich hat sich da nicht so viel getan. Es macht nach wie vor genauso viel Spaß vor ein Publikum zu treten und die Musik zu präsentieren. Klar ist man etwas routinierter und spielt seine Parts konsequenter, aber das Grundgefühl ist das gleiche. Allerdings merkt man, dass immer mehr Leute vor der Bühne die Songs schon kennen und die Texte mitsingen. Ein tolles Gefühl.
Was war euer schrägstes Tourerlebnis?
v.03/170: Uh, wo soll man da anfangen, hehe? Da gab es einige. Aber das abgefahrenste war sicher, mit dem Nightliner in Ostende mitten in der Nacht auf einem verlassenen Dock zu stehen und keinen Strom mehr zu haben, weil der Veranstalter beim Verlassen des Clubs die Sicherungen gezogen hatte und so der Bus nicht mehr starten konnte. Telefonisch war er nicht erreichbar, Abschleppdienste wollten nicht ausrĂĽcken und so standen wir im Februar bei eisigen Temperaturen da, ohne funktionierende Heizung, ohne Licht und Musik im Bus und konnten nicht weiter.
Gibt es im musikalischen Sektor Bands/Alben, die euch besonders beeinflusst haben und die ihr unseren Lesern gerne ans Herz legen wĂĽrdet?
v.03/170: Besonders beeinflusst hat mich eigentlich kein Album, keine Band so, dass ich favorisieren könnte, ohne damit anderen Künstlern unrecht zu tun, indem ich sie weglasse. Spontan könnte ich sicherlich Opeth, Faith No More oder Massive Attack nennen, aber eine Künstlerin, die definitiv mehr Beachtung verdient hätte, ist Elsiane mit ihrem Album „Hybrid“. Großartige, minimalistische, aber doch unter die Haut gehende Musik.
Welche Zukunftspläne schmiedet ihr gerade und worauf können sich die Fans freuen?
v.03/170: Im Moment genießen wir die Gegenwart und sind froh, uns über künftige Ereignisse keine großen Gedanken machen zu müssen. Es wäre schön, wenn wir im nächsten Jahr eine Tour mit kräftigem Line-Up spielen zu können, oder ein paar vielversprechende Festivalgigs. Alles Weitere wäre zu sehr nach vorn gedacht.
Vielen Dank fĂĽr eure Zeit und Worte fĂĽr unsere Leser! Noch einige Worte fĂĽr eure Fans?
v.03/170: Vielen Dank fĂĽr das Interview. Ich denke, das waren der Worte genug.
Radu
FARSOT – “Insects”
FARSOT – „Insects“
Post Black Metal, Avantgarde Schwarzmetal oder Arschcore? Wer bei diesem Longplayer nach Schubladen sucht, kann diesen Artikel getrost ĂĽberspringen, denn hier wird etwas kredenzt, was nicht nur den Tellerrand sondern das gesamte Geschirr durcheinander bringt.
Haben FARSOT in der Vergangenheit bereits mit interessantem Material für Aufmerksamkeit gesorgt, so geht´s auch dieses Mal einen Schritt in Richtung Weiterentwicklung. Eingebettet in eine wuchtige Produktion schwirren zunächst einige Insekten durch die Boxen (surprise, surprise), bevor das erste Gitarrenriff den Hörer packt und in die hypnotische Musikwelt von FARSOT zerrt. Dabei geht man nicht gerade zimperlich zur Sache, hat einen sehr eingängigen Stil, der trotzdem eine ordentliche Ladung Dreck versprüht. Einnehmende Riffs, bollerndes Schlagwerk und eine variable Stimme, die durch den Song geistert und über gelegentliche Keyboardparts zu thronen vermag, so könnte man die Mischung grob beschreiben. Stimmlich wird gekeift, gesprochen und natürlich gekreischt. Die Instrumente ergänzen sich hier zu einer sauberen Einheit, wobei jedes Instrument für das Songwriting zu Nutzen gemacht wurde. Nichts wirkt hier gekünstelt oder nur herbeigezogen, sondern hier legt man großen Wert auf Stimmigkeit.
Die Gitarren transportieren dabei Melancholie und Wut gleichermaßen, mal clean, dann wieder fordernd und melodisch. Gelegentlich Ausreisser in die Knüppelrichtung sind hier selten zu finden, so bleibt man doch hier auf dem sicheren Terrain des Midtempos, was den Jungs auch sehr gut zu Gesicht steht. Beim ersten Durchlauf ist die Platte schon recht vielversprechend, aber gerade als Dauerbrenner entfaltet der Silberling seine ganze Kraft. Episch, gradlinig, dreckig und düster sind wohl die ersten Worte, die einen erstaunten Hörer als erstes einfallen.
Fazit: FARSOT sprechen hier Musikfreunde direkt an, die keine Vergleiche oder genretypische Schubladen suchen. Keine Klassifizierung, einfach nur Musik ist hier das Motto, das auch voll aufgeht. Starke Scheibe!
5/6 Punkten
Radu