REVIEW: TREES OF ETERNITY

Posted by Radu On Dezember - 7 - 2016

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The Hour Of The Nightingale

Hinter jedem Album verbirgt sich eine Geschichte: wĂ€hrend eine junge Band mit ihrem DebĂŒt ihr erstes Lebenszeichen markiert, entwickeln sich langjĂ€hrige Veteranen mit ihrem aktuellen Album weiter. Die Geschichte, die sich hinter dem DebĂŒt ” Hour Of The Nightingale” verbirgt, ist traurig und gleichzeitig das VermĂ€chtnis einer Stimme, die unter die Haut geht.

Als Gitarrist Juha Raivio von Swallow The Sun an dem Song `Lights On The Lake` vom Album ” New Moon” arbeitete, fehlte eine passende Frauenstimme. Kurzerhand rekrutierte er SĂ€ngerin Aleah Stanbridge, um den Song etwas aufzuwerten, als wĂ€hrend der Arbeiten etwas seltsames geschah; die Chemie zwischen den beiden verwandelte den Song in etwas völlig anderes als ursprĂŒnglich geplant, und das Projekt TREES OF ETERNITY war geboren. Es wurden einige Promo Aufnahmen gemacht, ehe man sich an den Songarbeiten zu einem kompletten Album heranwagte. Man rekrutierte zusĂ€tzlich Mitglieder von October Tide, Katatonia und Wintersun, und ergĂ€nzte alles mit einigen Gastauftritten von Nick Holmes (Paradise Lost) und Mick Moss (Antimatter). Am 18. April 2016 verstarb SĂ€ngerin Aleah an Krebs im Alter von 39 Jahren. Es folgten eine intensive Suche nach einem Plattenlabel, bis “Hour Of The Nightingale” endlich das Licht der Welt erblicken durfte.

Die ersten KlĂ€nge von `My Requiem` lassen den Hörer bereits schnell in ein tiefschwarzes Doomkissen fallen, begleitet von tonnenschweren Riffs und der hypnotisch anmutenden Stimme Aleahs. Die Stimmung pendelt zwischen traurig und nachdenklich, wĂ€hrend der Song in vielen Facetten glĂ€nzt. `Eye Of Night` bĂ€umt sich stellenweise widerspenstig auf, ehe der Refrain den Hörer rasch versöhnlich stimmt. `Condemned To Silence` wartet neben seiner introvertierten AtmosphĂ€re mit einem schönen Duett zwischen Aleah und Mick Moss auf, wobei die Mischung clean und bestialisch drĂŒckend sehr gut gelungen ist. `A Million Tears` hĂ€tte locker als Swallow The Sun Song mit Frauenstimme durchgehen können, wĂ€hrend der Titeltrack mit minimalistischen Mitteln dem Hörer eine GĂ€nsehaut auf die Pelle zaubert. Verschwörerisch umgarnt die Stimme den Hörer und begleitet ihn durch die Stille und gleichermaßen erblĂŒhenden Momente. Hier sollte das Wort “Hoffnung” vertont werden, was sehr gut gelungen ist. `The Passage` beschreibt musikalisch den letzten Gang des Lebens (” Into The Void I breathe”) , wobei man nur noch ehrfĂŒrchtiger dem Album lauscht mit dem Wissen, dass Aleah diesen Gang bereits vor uns gegangen ist. `Broken Mirror` geht schnell ins Ohr und ist ein Augenzwinkern an alle Bands des Doom Genres, ehe `Black Ocean` ein langsamer Trip in den Abgrund ist. Wer bis jetzt tapfer war, wird spĂ€testens bei `Sinking Ships` ehrfĂŒrchtig lauschen, denn mit minimalistischen Mitteln wird hier ganz großes Kino gebeten; Akustikgitarre und Gesang werden nur gelegentlich von sphĂ€rischen Keyboards umschmeichelt, wĂ€hrend der Kopf abschaltet und lediglich ein finsterer GefĂŒhlskosmos vor den Boxen fesselt. `Gallow Bird` kriecht schwerfĂ€llig aus den Boxen und zieht den Hörer in einen zĂ€hflĂŒssigen Malstrom der Verdammnis, der nur kurzzeitig durch die beiden Stimmen von Aleah und Nick Holmes durchbrochen werden. Seinen letzten Atemzug haucht er in einer Akustikgitarrenpassage aus und beschließt damit ein intensives Album.

Die AtmosphĂ€re ist dicht, die Produktion schön wuchtig und die Gastauftritte optimal. Das Cover stammt aus der Feder von Fursy Tessier, Songwriter von Les Discrets, der auch schon fĂŒr seine Band und Alcest Alben verschönert hat. Insgesamt ist das Album eine sehr intensive Erfahrung geworden, das ein wĂŒrdiges VermĂ€chtnis von Aleah sein dĂŒrfte. Egal, ob auf dem heimischen Plattenteller, unterwegs auf CD oder bei einem winterlichen Spaziergang mit Stöpseln im Ohr, das Album verbreitet eine AtmosphĂ€re, in der man diese Welt innerhalb eines Sekundenbruchteils ausblendet und ganz mit sich selbst beschĂ€ftigt ist.

5/6 Punkten

Radu

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