KATATONIA INTERVIEW
INTERVIEW KATATONIA
An einem kalten Dezemberabend treten KATATONIA zusammen mit ALCEST und JUNIUS auf, um die Bretter der Welt zu rocken. Bevor es losgeht nahmen sich Hauptsongwriter Jonas und Anders („Blakkheim“) etwas Zeit, um mit uns über Entwicklung, Live Action und Flugzeugerfahrungen zu plaudern.
Gleich zu Beginn geben sich unsere Gesprächspartner entspannt und glücklich. „Diese Tour macht einfach Spaß; viele Leute haben uns positive Resonancen auf unser Album und unsere Live Auftritte gegeben, was uns sehr glücklich macht.“ Dabei steht die Tour unter keine guten Stern, schließlich wurden die Schweden bereits mehrfach vom Pech verfolgt und so können sie bereits einen ordentlichen Verschleiß in Sachen Tourbussen vermelden. „Das ist bereits der dritte Bus, den wir auf dieser Tour haben“ erläutert Blakkheim. „Die Tour scheint verflucht zu sein, mittlerweile ist alles kaputt gegangen, was kaputt gehen kann. Eine Klimaanlage hier, einige Bremsen da, alles schon gehabt. “ Jonas fügt grinsend hinzu „Dieses Mal ist es ein deutscher Bus. Wenn wir diesen also auch kaputt kriegen, ist es eure Schuld.“ Insgesamt sind die beiden mit der Tour sehr zufrieden. Die Songs kommen gut an und das Publikum reagiert durchweg positiv sowohl auf die alten, als auch auf die neuen Songs. Auch Per (Gitarre) und Niklas (Bass) haben sich mittlerweile gut ins Bandgefüge eingelebt. „Die beiden haben uns ja bereits bei den Aufnahmen zu „Night Is The New Day“ teilweise ausgeholfen, deshalb war es nicht schwer für sie. Außerdem geben sie dem Live Auftritt frischen Wind, was uns sehr gut tut.“
Zeitsprung
Grund genug, um einen Zeitsprung in die ersten Jahre der Schweden zu wagen und nach dem Ursprung des Namens zu fragen. „Ehrlich gesagt haben wir nach einem Namen gesucht, der cool klingt und unsere Musik widerspiegelt. Die Katatonie ist ein Wachkomazustand, in dem man zwischen Leben und Tod schwebt. Wenn man es genau nimmt, wird es im Lexikon anders geschrieben, aber wir fanden den Namen passend und haben ihn daher behalten. Auch wenn der Name schon alt ist, hat sich fĂĽr mich an der Bedeutung nichts verändert. Er passt immer noch sehr gut in unser musikalisches Konzept.“ Auf die Frage, was sich am Songwriting in den Anfangstagen geändert hat, bekommen unsere Gesprächspartner groĂźe Augen. „Zu Beginn haben wir uns im Proberaum getroffen und losgelegt. Später haben wir die technischen Möglichkeiten weiter ausgenutzt, indem man einen Vierspurrekorder zuhause hatte, um die Ideen aufzunehmen. Wir haben viel ausprobiert und sind heute auch sehr experimentierfreudig.“ Das hat sich in der Vergangenheit bei der „For Funerals To Come“ EP gezeigt, auf dem die Schlagzeugspuren aus dem Rahmen fallen. „Ich habe zum ersten Mal Schlagzeug spielen wollen“ erklärt Jonas. „Wir hatten gerade mal einen Tag Zeit, um die EP fertig zu stellen, also haben wir Gas gegeben. Statt stundenlang ein Schlagzeug aufzubauen, habe ich mich kurzerhand hinter ein E – Drum Kit gesetzt und losgelegt. Aus heutiger Sicht klingt das Schlagzeug fĂĽr mich grauenvoll.“ Allerdings macht gerade das sterile Schlagzeug zusammen mit den melancholischen Gitarrenlinien einen Charme aus, den andere Bands nicht erreichen.
Deadline Kings
Zurück in die Gegenwart wird kurz auf das aktuelle Album „Dead End Kings“ eingegangen. „Wir haben das Album in einem Ratenloch aufgenommen“ erklärt uns Jonas. „Es war wirklich ein sehr schmaler Raum, in dem zwielichtige Gestalten rum liefen. So wirklich wohl haben wir uns nicht gefühlt, aber auf der anderen Seite hat es auch motiviert an der Sache dranzubleiben, um wieder aus diesem Loch raus zu kommen. Etwas von der Atmosphäre hat es bestimmt auch auf das Album geschafft.“ KATATONIA arbeiten mittlerweile professioneller als in ihren Anfangstagen. Gerade im Hinblick auf Deadlines für ein Album haben sie dazugelernt. „Wir sehen Deadlines als verbindliche Vereinbarungen an. Wir brauchen einen Arschtritt, weil wir sonst gar nicht aus den Hufen kommen würden. Hätten wir keine Deadlines, würden wir wahrscheinlich endlos rumdümpeln und für ein Album deutlich länger brauchen.“ Neben KATATONIA sind die beiden auch in diversen Nebenprojekten beschäftigt. Blakkheim war mit BLOODBATH und mit DIABOLICAL MASQUERADE zugange, ehe er zweiteres Projekt auf unbestimmte Zeit auf Eis legte. Auf die Frage, ob man auf die Reaktivierung hoffen darf, äußert sich Blakkheim nachdenklich. „In erster Linie sind beide Projekte auch Zeitfresser. BLOODBATH ist für uns ein reines Spaß Projekt, zu dem wir einmal Lust hatten und was eine willkommene Abwechslung zu KATATONIA ist. Man muss sich nicht lange vorbereiten, sondern kann einfach nach Lust und Laune loslegen.“ Auf unseren Vorschlag, BLOODBATH Shirts mit dem Zusatzaufdruck „Death Metal Holiday – all inklusive“ zu bedrucken bricht lautes Gelächter aus. „Bei Diabolical Masquerade ist es leider anders“ wird Blakkheim wieder ernst. „Das Projekt frisst extrem viel Zeit und Arbeit. Gerade suchen wir nach einem neuen Sänger für Bloodbath und sind mit KATATONIA gut beschäftigt. Die Hauptaufmerksamkeit gilt immer KATATONIA. Was von da aus an Seitenprojekten hervorgeht ist schön, aber nicht vorrangig.“
Flugangst vs. Metalheadz
Auf Tour kommt man gut rum und erlebt einiges. So können auch KATATONIA mit einigen Touranekdoten aufwarten. Während unseres Interviews findet sich der Rest der Band ein, die auch sofort in die Geschichte mit einsteigen. „Wir waren auf dem Weg zu einem Festival“ beginnt Blakkheim. „Wir stiegen in den Flieger und sind gerade gestartet, als eine Stewardess zu uns kam und uns bat, alle aufzustehen und ins Cockpit zu kommen, weil der Pilot uns sprechen wollte. Wir haben uns ordentlich in die Hose gemacht weil wir dachten, etwas sei mit dem Flugzeug nicht in Ordnung oder wir würden Stress bekommen. Als wir ins Cockpit kamen, drehte sich der Pilot um: ein langhaariger Metalhead mit einem Metalshirt! Wie sich herausstellte, war er ein großer Fan von uns und hatte uns an der Gangway gesehen; außerdem war er noch ein Bekannter von MOONSPELL, die auch gute Freunde von uns sind. Er fragte uns, wo wir sitzen und beförderte uns kurzerhand in die erste Klasse. Das war schon ein cooles Gefühl, einmal in der ersten Klasse sitzen zu dürfen.“ Daniel (Schlagzeug) setzt nach „Schön war auch, als wir zum Landeanflug ansetzten und wir ins Cockpit kommen durften um uns das von dort aus anzuschauen. Wir haben uns den Kopf an der Decke mit tausend Schaltern gestoßen und schon Panik gehabt. Im Landeanflug zeigte der Pilot noch auf die die Landschaft, während wir ihn alle voller Panik anschrieen, er solle sich auf die Landebahn konzentrieren. Was für ein geiler Trip!“
The Future (of Speech)
Auf unsere Frage, welche Zukunftspläne nach der Tour anstehen, grinst Jonas uns breit an „Weiter touren, was sonst? Neues Album ist im Kasten und jetzt müssen wir erstmal wieder unter die Leute kommen. Wir planen nächstes Jahr verstärkt auf Festivals in Europa durchzustarten. Ein Traum wäre natürlich in Amerika oder Japan zu spielen, wo wir noch nicht waren.“ Entsprechend gestaltet sich auch die Setlist. Konnten sich Fans der ersteren Stunden letztes Jahr über alte Schätze aus der „Dance Of December Souls“ Zeit freuen, wird nun neueres Material gefahren. „In den Orten, wo man uns noch nicht so kennt, spielen wir auch älteres Material. Hier bleibt es erstmal bei neuren Sachen, weil man uns hier schon kennt.“ Was weiter ansteht, wird die Zeit zeigen. Zum Ende des Interviews zeigen sich die Schweden gutgelaunt und der Tourmanager wird noch kurzerhand als Fotograf umfunktioniert. Endlich normale Leute!
Radu & Chris
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