ALCEST INTERVIEW

Posted by Anna On Januar - 13 - 2012

Interview ALCEST

alcest 2012Mit ihrem aktuellen Werk „Les Voyages De L’Âme“ („Seelenreisen“) liefern ALCEST ein episches Werk ab, das den Hörer binnen Sekunden in die Tiefen der menschlichen Seele eintauchen lässt. Kurz vor dem Startschuss ihrer Tour mit LES DISCRETS und SOROR DOLOROSA (Band des Stammfotografen Andy Julia) nahm sich Neige etwas Zeit, um mit mir über die Entstehung des Albums, die Illusion der Realität und waghalsige Tourbuspannen zu plaudern.

Erstmal herzlichen GlĂĽckwunsch zum aktuellen Album und ein groĂźes merci fĂĽr deine Zeit. Wie geht es dir?

Ich habe zu danken. Danke es geht mir gut. Ich komme gerade vom Proben, schließlich geht´s in 2 Wochen schon los. Das Interview ist eine schöne Abwechslung, weil ich nicht gerne zu viel am Stück probe.

Es hat sich ja einiges bei euch getan seit „Écailles De Lune“; euer aktuelles Album klingt viel atmosphärischer, hat aber einiges an Gradlinigkeit dafür eingebüßt. Wie seid ihr an die Arbeiten rangegangen und welche Unterschiede gibt es beim Komponieren?

Richtig, wir haben einiges verändert. Auf dem aktuellen Album haben wir mehr verzerrte Gitarren verwendet und die dunkle Atmosphäre etwas aufgelockert. Wir wollten diese Mal etwas weg von der melancholischen Stimmung und mehr in die Atmosphäre unserer ersten Werke eintauchen. Die Songs sind dabei epischer und bombastischer ausgefallen, womit wir eine träumerische Landschaft erschaffen konnten. Wir haben vielleicht einige Anhänger der härteren und melancholischen Töne etwas irritiert, aber letztendlich fühlen wir uns mit dem Ergebnis näher an uns selbst als jemals zuvor.

Durch die tiefere Atmosphäre hat man das Gefühl, dass du mehr von deiner Persönlichkeit in deiner Musik preisgibst. Was hat sich in deinem Leben verändert, seit „Écailles De Lune“?

Damals war ich in einem dunklen Kapitel meines Lebens, was sich natürlich auch in meine Musik wieder gespiegelt hat. Mittlerweile bin ich gelassener geworden und betrachte einige Dinge aus einer anderen Perspektive. Dadurch habe ich meine innere Balance gefunden und konnte mich wieder auf das ursprüngliche Gefühl von ALCEST konzentrieren. Musikalisch bin ich dadurch in höheren Sphären abgedriftet, was aber auch den Charakter des Albums ausmacht.

ALCEST COVER CD2

Das Cover ist dieses Mal auch wieder richtig schön geworden, erstmal Respekt dafür! Es macht den Eindruck, als würde es die Pforte zu einer anderen Welt öffnen. Was steckt deiner Meinung hinter dem Cover?

Mein bester Freund Fursy Teyssier hat das Kunstwerk angefertigt und es passt perfekt zu unserem Album. Inhaltlich stimme ich dir zu, es soll die Pforte zu einer anderen Welt öffnen. Ich wollte gerne verschiedene Aspekte der Kunst in das Album mit einbeziehen, dazu gehört natürlich auch das Cover. Es kann sowohl neugierig machen, als auch den Hörer darauf einstimmen, was er musikalisch erwarten kann. Auch die Lyrics sind als Kunst zu verstehen, und so setzt sich das Album als Gesamtkunstwerk zusammen.

Wo wir gerade beim Thema „Kunst sind“: herzlichen Glückwunsch zu eurem ersten Video! Damit dürftet ihr eine weitere Sparte der Kunst abgedeckt haben. Erzähl uns mal bitte etwas über die Entstehung des Videos.

(Lacht) Ja, tatsächlich. ALCEST ist für mich mehr, als nur die Musik. ALCEST setzt sich zusammen aus Musik, Lyrik und Bildern (z.B. das Cover). Da war das Video der nächste logische Schritt. Wir haben es unter professioneller Anleitung aufgenommen, damit sowohl die textlichen, als auch musikalischen Eindrücke in bewegenden Bildern festgehalten wird. Wir wollten kein typisches Video, in dem sich die Band präsentiert, sondern eine kleine Geschichte erzählen. Bei den beiden Hauptfiguren geht es darum,welche Perspektive man hat und welcher Mensch in einem wohnt. Im Zeitraffer erkennt man, dass die beiden älter werden, bis sie einen schönen Ort gefunden haben, an dem sie wieder Kinder sind. Es ist wie das Leben selbst, das man durch kindliche Augen betrachten kann. Die ganzen Dinge, die man während des Älterwerdens erfährt, schränken unsere Perspektive ein. Dadurch verlieren wir die Gabe, die ich als Kind erlebt habe. Ich habe Visionen von anderen Welten gehabt, die ich mit ALCEST versuche neu zu erleben und das Gefühl, das ich dabei hatte, auszudrücken. Das ist uns mit dem Video, denke ich, recht gut gelungen.

In dem Video ist auch eine wunderschöne Landschaft zu bestaunen. Wo wurde es gedreht?

Das war auch Hintergrund des Videos, dass man während des gesamten Clips nicht weiß, ob es in der realen Welt oder in einer Parallelwelt spielt. Es wurde in Frankreich, in der Normandie (Étretat) gedreht und durch professionelle Schauspieler unter einer professionellen Regie fertig gestellt. Dadurch konnten wir die Synopse von Bildern, Text, Musik und Atmosphäre in dem Video erschaffen.

Wir hatten bereits in der Vergangenheit auf eurer letzten Tour mit DORNENREICH das VergnĂĽgen (siehe Interview). Wie ist die Tour danach gelaufen, ihr habt ja einiges von der Welt gesehen?

Ja, stimmt. Die Tour war sehr schön. Wir haben an vielen uns unbekannten Orten gespielt, eine Menge Menschen und deren unterschiedliche Kulturen kennen gelernt und uns auch essenstechnisch fortgebildet. Wir kamen gut mit den anderen Bands aus und hatten eine schöne Zeit.

Da hast du doch bestimmt auch mal die eine oder andere Touranekdote am Start, oder? Erzähl mal bitte.

Als wir in Australien waren, hat unser Drummer den Tourbus gefahren. Leider kannte er sich mit den Gegebenheiten nicht ganz aus und so hat er kurzerhand den Tourbus über eine Brücke ins Wasser befördert. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt und unser Equipment hat auch einen Schutzengel gehabt. In Sydney war mal die Tür unseres Tourbusses kaputt, und mitten während der Fahrt flog unser gesamtes Equipment auf die Straße. Unsre Instrumente haben schon einiges mitgemacht.

Ihr seid dieses mal mit euren Landsleuten von LES DISCRETS und SOROR DOLOROSA unterwegs. Es ist kein Geheimnis, das ihr euch untereinander schon länger kennt und auch musikalisch unterstützt. Wie siehst du der Tour entgegen, voller Anspannung oder eher wie ei Familienausflug?

Ich freue mich schon sehr auf die Tour. Ich bin mit Fursy Teyssier aufgewachsen und er ist wie ein Bruder für mich. Wir haben uns bereits oft auf Tour gegenseitig unterstützt und auch unsere Begleiter sind sehr gute Freunde von uns. Wir sind insgesamt 15 Leute, die sich untereinander blendend verstehen und eine schöne Zeit gemeinsam haben wollen.

Das wird sich bestimmt auf das Publikum übertragen. Wenn ihr eine schöne Zeit habt und dann noch euer neues Album im Gepäck habt, kann eigentlich nichts schief gehen. Wie sind eigentlich die Reaktionen euer Fans auf Konzerten?

Unterschiedlich; einige schauen uns verträumt an und genießen einfach nur die Musik, während andere die Haare fliegen lassen.

Gibt es eigentlich ein bestimmtes Ritual, um dich vor dem Auftritt zu entspannen?

Ich entspanne mich ehrlich gesagt auf der Bühne während ich spiele. Dabei konzentriere ich mich voll auf den Songablauf und bin ganz nah bei mir selbst. Für mich ist es ein sehr schöner Zustand, den ich sehr genieße und mit dem Publikum teile.

Gibt es eigentlich noch Orte, wo du gerne auftreten wĂĽrdest und wo du noch nicht warst?

Japan wäre schön. Die Fans sind bekannt dafür auch Konzerte alles z geben. Auch Schottland wäre noch ein attraktives Ziel.

Im letzten Interview hast du erzählt, das du als Kind Visionen hattest, die aber später verschwanden und nicht wieder zurückgekommen sind. Was denkst du philosophisch darüber; haben wir die Möglichkeit diese Welt nach unserem Tod erneut zu betreten, oder bleibt es uns nur in jungen Jahren vorbehalten die Welt auf diese Weise zu betrachten?

Ich denke, dass wir im Leben durch den Körper und die eigene Lebenserfahrung in unserer Perspektive eingeschränkt sind. Als Kind entdecken wir die Welt mit kindlicher Neugierde, ohne sie aufgrund Lebenserfahrung gleich zu beurteilen. Vielleicht kommen diese Visionen aus einem früheren Leben, vielleicht sind es aber auch Boten aus einer Parallelwelt. Ob sie nach dem Tod noch mal präsent sind oder es ein Paradies gibt ist eine Theorie. Auf jeden Fall zeigen die Visionen das Leben aus den kindlichen Augen, die nicht bewerten sondern entdecken.

Vielen Dank fĂĽr das Interview und fĂĽr eure neue Scheibe. Noch einige abschlieĂźende Worte fĂĽr eure Fans?

Ich hoffe ihr mögt unser neues Album und wir sehen uns auf Tour! Es tut mir leid, dass wir dieses mal nur eine Station in Deutschland haben, aber bei nächsten mal sehen wir uns hoffentlich öfter. Danke für das Interview und einen schönen Abend noch!

Radu

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