There is something about me..

NACHBERICHT CREMATORY

Posted by Ulli On Juni - 15 - 2018

Mit CREMATORY zurück in die Zukunft!! Die Pfälzer Gothic-Metal-Veteranen CREMATORY sind zurück auf Tour und haben ihr neues Album „Oblivion“ mit im Gepäck. Im Vorfeld zur Tour gab es im Internet eine große Debatte um das Facebook-Posting, das Schlagzeuger Markus Jüllich Anfang März veröffentlichte. Darin gab Jüllich seinen Unmut über die bisherigen Absatzzahlen der Konzerttickets lautstark zum besten und drohte sogar mit einer Tourabsage und das Ende der Band. ( Zum Nachlesen hier der Link: https://www.facebook.com/CREMATORY/posts/1719586381432859)

FĂĽr viele Leser und Fans der Band jedoch in einer Wortwahl und einem Tonfall verfasst, fĂĽr den man in der Grundschule wohl zum Nachsitzen verdonnert worden wäre. Auch mein erster Gedanke war eher hämisch und belächelnd – sind doch diejenigen, die der Band auf Facebook folgen das Klientel, das sich als Fans betrachtet und auch bereit ist, Geld fĂĽr Tickets, Alben und Merch locker zu machen. Hatte JĂĽllich mit dem Posting eventuell das Gegenteil dessen erreicht, was er damit bezwecken wollte? Ich kam jedenfalls ins GrĂĽbeln. Ich verbinde mit CREMATORY eine gute Zeit meiner Jugend und die ersten Freundschaften im Metalbereich. Im damaligen Jugendhaus habe ich mit etwa 16 Jahren das erste Mal den CREMATORY-Klassiker „Tears Of Time“ gehört und war sofort Feuer und Flamme. Mit meinen monatlichen 25 Mark Taschengeld musste ich damals jedoch ĂĽber einen Monat auf eine CD sparen oder einen Monat lang den hinterlistigen und zudem herzkranken Cockerspaniel der Nachbarin Gassi fĂĽhren. Somit habe ich damals von einem Bekannten die Alben auf Kassette ĂĽberspielt bekommen. Hat die Band damals an mir einen Pfennig verdient? Nein.

In meiner Jugend kamen gerade mal die Bands in den Genuss, an meinem Taschengeld zu verdienen, die im ersten Quartal des Jahres ein Album veröffentlichten und auf Tour gingen – bis das Weihnachts- und Geburtstagsgeld von Opa dann aufgebraucht war. Bis ich dann meinen ersten Nebenjob hatte, von dem ich mir dann mehr Alben und Tickets leisten konnte, hatte sich mein Musikgeschmack jedoch gewandelt und CREMATORY haben danach eventuell anteilig ein paar Pfennige eines meiner Festivaltickets erhalten.


Nun, gut zwanzig Jahre später, mache ich mir mehr Gedanken ĂĽber die finanzielle Situation, der Musiker ausgesetzt sind. Ticketerlöse gehen ja nicht 1:1 an die Band, es gibt viele Faktoren mehr, die auf Tour Geld verschlingen. Sei es die Technik, die bezahlt werden muss, Location, Crew oder Tourbus oder Hotels. Da kommen Summen zusammen, die ich definitiv weder aus der Portokasse, noch aus sämtlichen verfĂĽgbaren Spareinlagen zahlen könnte. Als Band hat man, wenn man sich nicht gerade METALLICA oder IRON MAIDEN nennt, auch nicht unbedingt die RĂĽcklagen, um eine Nullnummer locker wegstecken zu können. Und somit habe auch ich dann JĂĽlle verstanden, wenn einem finanziell aufgrund der schleppenden Ticketverkäufe der Arsch auf Grundeis geht. Denn kaum ein Musiker aus unserer Sparte kann heutzutage noch allein nur von der Musik leben. Wieviel Zeit, Geld und Energie in Songwriting und eine Albumproduktion drauf geht, lässt sich fĂĽr den reinen Musikkonsumenten schwer erahnen. Da im Zeitalter der Digitalisierung viele geneigte Hörer schnell zum Download-Button greifen, anstatt sich einen physischen Tonträger zuzulegen, dessen Layout auch in die Produktionskosten mit eingerechnet werden muss, schmälert den Ertrag einer Band weiterhin. Mit den ungefähren Kosten einer Tour, die ich mir selbst im Hinterkopf zusammengerechnet habe, muss ich JĂĽlle eigentlich noch loben – ich hätte wohl in dem Posting noch zu einer ganz anderen Wortwahl gegriffen!

Aber im Nachgang hat dieser Post dann doch wohl viele Fans wachgerüttelt. Die Ticketverkäufe zogen an und schon bald darauf konnte verkündet werden, dass die Tour stattfinden kann. Auch die Verkaufszahlen des neuen Albums „Oblivion“ sorgten dafür, das CREMATORY auf Platz 36 in den deutschen Albumcharts einstiegen. Ein beachtlicher Erfolg für eine Band, die mit nur kurzer Unterbrechung seit über einem Vierteljahrhundert kontinuirlich ungeachtet manch böser Zunge zu ihrer Musik und ihren Fans steht.


Nachdem ich zwei Songs des neuen Albums auf Youtube hören konnte, war mir klar, auf eines der Tourkonzerte möchte ich gehen. Die Deutschrocker von WILDE JUNGS waren als Vorgruppe angekĂĽndigt – was ich beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte, da ich wohl doch noch sehr traditionell denke, dass eine Vorband auf einer Tour aus einer ähnlichen musikalischen Sparte kommen sollte.

Zu meiner Ăśberraschung gibt es jedoch beim Konzert im Mannheimer MS Connection Complex als Einheizer keinen Deutschrock Made In Hessen, sondern richtig schweres Brett der Schwaben von UNBOUND.

Zwei bekannte Gesichter stehen auf der Bühne, denn mit Sänger Marcel „Marshl“, der früher bei TIEFLADER sein Organ entladen hat und Patrick, der einst bei APOPHIS den Tieftöner schwang, sind zwei alte Veteranen süddeutscher Kult-Undergroundkapellen vertreten. Entsprechend gespannt, was die Herren gemeinsam zum Besten geben, fällt mir kein passender Begriff ein. Als Doomcore betitelt, kann man nur sagen, dass UNBOUND brachial daherkommen. Schwer und drückend, der Gitarrensound staubiger als Stonerrock und dreckiger als die Black Label Society. Bei den schnellen Tracks muss man unwillkürlich mitgehen und auch langsamere Songs beweisen, dass eine Dampfwalze nicht schnell sein muss, um alles platt zu machen! Wahrlich ein würdiger Opener des Abends!

IMG_6852Nach einer kurzen Umbaupause ist es dann soweit und das Pfälzer Sextett entert die Bühne und eröffnen ihr Set mit „Salvation“ aus dem neuen Album „Oblivion“. Von der ersten Sekunde an präsentiert sich die Band auf der Bühne als routinierte und energiegeladene Einheit. Es fällt nicht auf, dass eine Hälfte der Band seit 1992 zusammen spielt, während die Herren an den Saiteninstrumenten erst seit zwei bzw. drei Jahren zum Line-up gehören. Mit Tosse Basler hat die Band um Felix Stass einen wahren Glücksgriff gelandet. Seine kraftvolle Stimme ergänzt mit clean vocals optimal die growls von Felix.


IMG_6849Ja, man muss als Gothic Metal Band nicht unbedingt eine weibliche Träller-Elfe als Pendant zur Hauptstimme präsentieren. Die Death Metal Einflüsse von einst sind mittlerweile nur noch ansatzweise zu hören, und spiegeln sich hauptsächlich in Felix’ Growls wieder. Das die Band seit dem 1996er-Album „Für Die Ewigkeit“ ihre Ausflüge in die deutsche Sprache regelmäßig mit Überzeugung wiederholt, ist auch auf dem zweiten Song des heutigen Abends zu entnehmen. „Kommt Näher“ muss nicht als Aufforderung an das Publikum interpretiert werden. Dieses ist schon seit den ersten Takten nach vorne getreten.

Es herrscht zwar kein Gedränge oder kuschlige Enge bei den Anwesenden, aber so kann jeder der zum Headbangen animierte Fan seinem haarigen Rotationsdrang auch nachkommen, ohne dabei stets angerempelt zu werden. Es muss jedoch nicht zwangsläufig gemosht werden, schlieĂźlich bieten einige Tracks elektronische Industrial-Samples, die die Fans aus der schwarzen Szene dazu animieren, das Tanzbein zu schwingen. Crematory haben es Kritikern nie wirklich leicht gemacht, sie in eine Schublade zu stecken – wozu auch? Das GespĂĽr fĂĽr eingängige Melodien zieht sich durch die Diskografie der Band sowie durch die Set-List wie ein roter Faden, und gerade die wechselnden und dezenten EinflĂĽsse anderer Genres wirken erfrischend und sorgen dafĂĽr, dass es beim Zuhören nie langweilig wird.IMG_6851

Langeweile kommt auch auf der Bühne nicht auf. Felix erzählt zwischen den Songs auch gerne mal eine kleine Anekdote und die Band fühlt sich sichtlich wohl, schließlich ist dieses Konzert annähernd ein Heimspiel auf der diesjährigen Tour. Auch wenn diese dazu dient, den neuen Longplayer live zu präsentieren, so kommen bewährte Tracks der vorangegangenen Alben nicht zu kurz. Nach über anderthalb Stunden verabschieden sich CREMATORY mit ihrem wohl bekanntesten Song „Tears Of Time“ der von der Band und Fans geradezu frenetisch zelebriert wird. Lead Gitarrist Rolf gibt beim Finale nochmals seine Fähigkeiten an Seiten zum Besten und verleiht dem Song eine ungeahnte Länge.

IMG_6850Als der letzte Ton verklungen ist, wird mir eines klar. CREMATORY haben mich genau dort wieder abgeholt, wo ich durch meine AusflĂĽge in andere Genres den Weg verlassen hatte. Ich hoffe doch sehr, dass dieser Weg noch eine Weile gemeinsam vorangeht, die Bands weiter Alben produziert und auf Tour geht. Und um meinen Teil dazu beizutragen, fĂĽhrt mich mein Weg direkt zum Merchstand, um mich mit Tonträger und Textil einzudecken. Irgendwie will mein Gehalt ja sinnvoll investiert werden und ich muss wieder an den herzkranken Cockerspaniel denken – und dabei lächeln….

Setlist CREMATORY:

Salvation

Kommt Näher

Greed

Revenge Is Mine

Tick Tack

Ghost Of The Past

Ravens Calling

Stay With Me

Shadowmaker

Cemetary Stillness

The Fallen

Höllenbrand

Immortal

Black Celebration (Depeche Mode Cover)

Wrong Side

Tears Of Time


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