REVIEW:CHRISTIAN KRUMM

Posted by Radu On März - 5 - 2014

Christian Krumm – „At Dawn They Sleep“

AtDawnTheySleep-Frontcover-PreviewDokumentationen rund um das Thema „Metal“ sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Egal, ob man sich die visuelle Vollbedienung in Form einer DVD Serie („Metal Evolution“), oder eine authentische Buchreportage („Kumpels in Kutten“) vornimmt, auf beiden Ebenen wird versucht das Lebensgefühl und die Auswirkungen auf die Musikszene zu vermitteln. Nicht umsonst verbrüdert man sich unter dem gemeinsamen Banner der Musik, die Zugehörigkeit, Kraft und gleichzeitig Individualität ausstrahlt und zu einer riesigen Musikszene angewachsen ist. Dabei ist unsere Metalkultur dafür bekannt eine offene Gemeinschaft zu sein, die zusätzlich den Mut hat über den eigenen Tellerrand zu schauen und auch neue Gefilde zu erkunden.

Neue Gefilde hat in diesem Fall auch Christian Krumm erklommen, der bereits mit seinem Buch „Kumpels in Kutten- Heavy Metal im Ruhrgebiet“ eine authentische Reportage hingelegt hat. Konzentrierte er sich damals ausschließlich auf die Entwicklung gesamten Szene im Pott, geht er dieses Mal einen anderen Weg und veröffentlicht im April anno 2014 seinen Roman „At Dawn They Sleep“der eine Geschichte erzählt, in der sich die meisten von uns wiederfinden werden:

Alioscha fĂĽhrt jenes Doppelleben, das den meisten von uns bekannt sein dĂĽrfte. Er arbeitet tagsĂĽber in einer Redaktion und einer Autowerkstatt, lebt fĂĽr die Musik und liebt eine Frau, die nichts mit seiner metallischen Leidenschaft anfangen kann. Nachts schreibt er fĂĽr ein metallisches Online Magazin. Eine seiner Rezensionen bringt ihn mit einer Band zusammen, mit deren Mitgliedern er sich anfreundet und die er als Schreiberling und stiller Mitorganisator intensiv begleitet. Dadurch bekommt er einen tieferen Einblick hinter die Kulissen der Musikszene und erfährt, was sich wirklich hinter den Worten „Sex, Drugs & Rock´N Roll“ verbirgt…

Christian Krumm schafft es in seinem Buch, das Lebensgefühl der Metaller sehr gut zu vermitteln. Man ist jederzeit mitten im Geschehen und erlebt Konzertbesuche, bandinternen Zwist und die Aufregung vor einem Gig hautnah mit. Die Figuren sind authentisch in ihren Rollen klar spürbar. Wir erkennen uns in jenen langweiligen Spieleabenden wieder, zu denen Alioschas Freundin Eva ihn zwingt, erfahren Unverständnis für die Musik, die uns alles bedeutet und werden von jenen Frauen verführt, die sexy und gleichzeitig gefährlich sind. Auf der Suche nach der eigenen Rolle innerhalb der Szene (sowohl als Redakteur, als auch als Musiker oder Fan) merkt man an, dass sie von einem Insider geschrieben worden ist, der sich nicht nur hohler Phrasen bedient, sondern das Lebensgefühl lebt. In dem Buch gibt es sowohl lustige Abschnitte (der spießige Spieleabend mit den „normalen“ Leuten ist definitiv ein Highlight), als auch erhabene Momente (Bandkrise und Beziehungsprobleme), bei denen man sich wiederfindet. Gerade der Wiedererkennungswert mit dem eigenen Leben macht das Lesen zu einem besonderen Erlebnis.

Die Geschichte und das Lebensgefühl sind jedoch nur ein Aspekt in dem Buch. Gerade die Songzitate und Erwähnung diverser Bandnamen lässt dem Leser sofort eine Gänsehaut über den Rücken jagen. Der Titel „At Dawn They Sleep“ (Slayer!!!) spricht dabei schon Bände; allerdings begnügt sich Christian nicht damit seine Geschichte „nur“ zu erzählen, sondern fädelt geschickt Songnamen und die richtigen Zitate ein, um die einzelnen Kapitel noch authentischer und lebendiger zu gestalten. Das Buch regt den Leser gleichzeitig dazu an, sich beispielsweise eine alte Paradise Lost Scheibe zu krallen, die entsprechende Songpassage anzuhören und sich zu fragen, was diese Textzeilen ihm persönlich bedeutet und wie er in Alioschas Situation reagieren würde. Die Tatsache, dass man dazu animiert wird, seine alten Scheiben raus zu kramen, vermittelt eben dieses bekannte Kumpelgefühl, dass viele nachempfinden dürften. Man hat an vielen Stellen des Buches das Gefühl, ein guter Kumpel würde einem eine Geschichte erzählen, während im Hintergrund beispielsweise Blind Guardian läuft. Dass die Geschichte sich gleichzeitig an den Songpassagen orientiert rundet die Sache dabei ab.

Unterm Strich ist Christian eine sehr authentische und lebendige Story gelungen, die über den Tellerrand einer Dokumentation hinaus geht. Hier wird das Gefühl aktiv erlebt und von der ersten Reihe eines Konzerts aus erzählt, statt von außen mit Fakten zu beleuchten. In dem Buch kommen viele unterschiedlichen Rollen zu Wort, die uns auf der einen oder anderen Weise bekannt sein dürften. Auch in Sachen Spannung lässt sich Christian nicht die Wurst vom Brot nehmen und lüftet erst auf den letzten Seiten die Geheimnisse aller Figuren und des Erzählers. Das gelungene Cover von Björn Goosses (www.killustrations.com) rundet die ganze Sache ab, so dass man insgesamt ein cooles Buch bekommt, das einem das Gefühl gibt gerade ein sehr geiles Album zu hören. Die Promotionarbeit wurde im Rahmen einer Projektarbeit von Norma Schreiber übernommen, deren Fortschritt ihr hier mitverfolgen könnt. „At Dawn They Sleep“ ist bei dem Buch übrigens Programm, denn ich habe nächtelang diese Geschichte verfolgt, weil der Suchtfaktor definitiv am Start ist.

Radu

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