REVIEW:ALCEST
Shelter
Sich weiter zu entwickeln und dabei die Konstante zu halten, ein gutes Album raus zu bringen, ist bereits eine Kunst fĂĽr sich. Doch was passiert, wenn ALCEST sich darauf besinnen, noch etwas tiefer in ihre eigene Traumwelt einzutauchen und dabei den GroĂźteil ihrer Wurzeln hinter sich zu lassen? Die Antwort gibt das aktuelle Album „Shelter“, bei dem bereits das Coverartwork einen Schritt weg vom verträumten Dasein macht…
Zum Glück trifft dies nicht auf die Musik zu, denn hier ist alles da, wo es hingehört; durchdachte Gitarrenmelodien schlängeln sich sanft durch die Gehörgänge, während Neiges Stimme den Zuhörer charismatisch in eine Parallelwelt entführt. Dass dabei wieder Dauerbrenner fürs Ohr auf dem Programm stehen, ist zum Glück auch wieder selbstverständlich. Ein gutes Beispiel für Lässigkeit und Gänsehaut gibt es in Form von `La Nuit Marche Avec Moi` während `Voix Sereines` mit den letzten verzerrten Überresten von ALCEST´s Anfangstagen liebäugelt. Die Krächzstimme und auch die untermauernden Double Bass Passagen wurden komplett raus genommen, was der Platte zwar an Härte, aber keinesfalls an Dynamik nimmt. Die träumerischen Passagen fluten nun über einen längeren Zeitraum die Hirnströme des Hörers und lassen ihn gleichzeitig tiefer in die Parallelwelt gleiten. Der Song `Away` [feat. Neil Halstead] glänzt durch den einzigen englischen Text, ist meiner Meinung jedoch Geschmackssache.
Fazit: bei dem Video zu `Opale`, das kurz vor dem Albumrelease zu sehen war, hatte ich Angst, dass die Franzosen ihre Black Metal Wurzeln ganz ablegen und zu einer kommerziellen Popkapelle werden könnten. Die Entfernung von den Wurzeln ist eingetreten, allerdings zugunsten der Atmosphäre, die ALCEST bereits seit den Anfangstagen meisterlich beherrschen. Melodisch ja, Gänsehaut definitiv, Metal nein. Aber mal im ernst: wer seine Stärken derart ausbaut, darf sich auch eine gesunde Entfernung von den Anfangstagen leisten.
5/6 Punkten
Radu
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