THRESHOLD – March Of Progress
„Je mehr sich Dinge ändern, desto mehr bleibt alles beim Alten.“ Hierbei handelt es sich nicht nur um ein äußerst bekanntes Zitat von John Maxwell Coetzee, sondern auch um die perfekte Beschreibung der Beziehung zwischen der britischen Progressive Metal-Institution THRESHOLD und ihrem ursprünglichen Sänger Damian Wilson. Schon zwei Mal kehrte das Ausnahmetalent den Jungs den Rücken, um letztendlich doch immer wieder zu dem Sextett zurückzustoßen. So zuletzt geschehen, nachdem sein Vorgänger Andrew „Mac“ McDermott (R.I.P.) während der laufenden Tournee zum 2007er Werk „Dead Reckoning“ plötzlich das Handtuch warf. Damian sprang kurzerhand ein und rettete THRESHOLD damit aus einer ziemlich unangenehmen Situation. Seitdem wurden etliche Konzerte zusammen gespielt und Mr. Wilson ist bei THRESHOLD wieder fest im Sattel. Kein Wunder, dass es endlich an der Zeit für heiß ersehntes neues Studiofutter ist. Schließlich gingen seit Veröffentlichung des besagten „Dead Reckoning“ schon satte fünf Jahre ins Land.
Das Fazit vorweg: Die unerträglich lange Wartezeit hat sich so was von gelohnt! Mit „March Of Progress“ werfen die Briten mal eben das bis dato beste Album ihrer nicht gerade highlightarmen Karriere auf den Markt. Alleine das Eröffnungstrio hinterlässt offene Kauleisten und zwingt alles was Ohren hat auf den Gebetsteppich. Denn die musikalische Dichte von THRESHOLD hat wahrlich anbetungswürdige Züge erreicht. Der einigen als Vorabtrack bereits bekannte Opener ‚Ashes’ begeistert als dynamischer, eingängiger Progressive Metal-Track unterlegt von schmeichelnden Keyboardsphären und einem Gänsehaut-Chorus als dramaturgischer Klimax. ‚Return Of The Thought Police’ zeigt die Band von ihrer etwas getrageneren Seite. Der atmosphärisch dichte Midtempo-Groove bietet das perfekte Biotop für Damian’s emotionalen Gesang, welcher eindringlich die intelligenten, sozialkritischen Lyrics umsetzt. Das jazzig angehauchte ‚Staring At The Sun’ ist eine weitere Sternstunde auf „March Of Progress“. Insbesondere der superbe Chorus mit seinem Wahnsinnsgesang stellt dem Hörer jede Behaarung auf, die der Körper noch anzubieten hat. Besser kann man modernen Progressive Metal nicht umsetzen.
Bei ‚Liberty Complacency Dependency’ kommen verstärkt technische Spielereien zum Einsatz, ‚Colophon’ begeistert durch abwechslungsreiche Bassarbeit und umfangreiche Dynamik. Mit ‚The Hours’ legt man eine weitere hypereingängige Hymne vor, die einen sofort gefangen nimmt und in fremde Traumwelten entführt. Ein besonderes Schmankerl stellt auch das klassische Interludium gegen Ende des Songs dar. Weiterer Höhepunkt dieser ereignisreichen 70 Minuten.
‚That’s Why We Came’ hingegen ist eine stimmungsvolle Halbballade, bei ‚Don’t Look Down’ geht es noch mal in die Vollen, während ‚Coda’ schon fast thrash-artig beginnt und danach in einer pfeilschnellen Abfahrt voller Breaks gipfelt. Krönender Abschluss ist der feierliche Longtrack ‚The Rubicon’, welcher auf geschickte Art und Weise noch mal alle Stärken von THRESHOLD in einem Track aufzeigt.
„March Of Progress“ hat demnach die kühnsten Hoffnungen aller Fans noch übertroffen. Mit diesem Album setzen THRESHOLD sich selbst ein Denkmal. Hier gibt es ganz großes Kino über die volle Distanz. Gekonnt gelingt der Spagat zwischen unwiderstehlicher Eingängigkeit und unaufdringlicher Komplexität, durch die der Hörer immer wieder Neues auf diesem Wunderwerk entdecken kann. Es muss ja fast schon nicht mehr erwähnt werden, dass die melodischen Duelle zwischen Keyboarder Richard West und den Gitarristen Karl Groom und Pete Morten zwar in jedem Track, aber stets absolut songdienlich zum Einsatz kommen. Genauso ist man es von THRESHOLD bereits gewohnt, dass Karl Groom und Richard West dem eigenen Schaffen soundtechnisch genau den Raum geben, den dieses zum Atmen und Wachsen braucht. Auch dabei hat man sich auf dem neuen Opus ein weiteres Mal selbst übertroffen.
So kann es am Ende zu keiner anderen als der folgenden Einschätzung kommen. „March Of Progress“ ist einer der heiĂźesten Anwärter auf das Album des Jahres. Und das nicht nur im eigenen Genre. Mal ganz ehrlich: Kann es denn ein größeres Kompliment fĂĽr eine Prog-Band geben…?!
Eben!
6/6 Punkten
Thomas
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