OPETH – “Heritage”

Posted by admin On Oktober - 2 - 2011

Opeth AlbumcoverOPETH – „Heritage“

Neue Songs, erfahrene Band und ein neues Kapitel in der Bandgeschichte…

Was passiert, wenn man all seine Banderfahrung bündelt, ordentlich experimentiert und einfach mal alle Erwartungen der Fans über Bord wirft und sein Ding durchzieht? Entweder es geht mächtig in die Hose oder es funktioniert einfach grandios. Es ist kein Geheimnis, dass Åkerfeldt und Gefolge Routine und Langeweile zu absoluten Todfeinden erklärt haben und gerne experimentieren. Beim zehnten Longplayer setzt man auf (unkalkulierbares) Risiko und konzentriert sich ausschließlich auf Progressive Rock Elemente.

Das Albumcover deutet bereits einiges an; in knalligen und bunten Farben steht der Baum mit den Köpfen der Mitglieder in der Mitte. Der Kopf von Per Wiberg, erst kürzlich aus der Band ausgestiegen, fällt von der Krone und gesellt sich zu den Totenschädeln anderer Mitglieder, während unter der Erde ein siamesischer Teufel die Fäden an den Wurzeln des Baumes zieht. Angesichts der neuen Marschrichtung des Albums ist das Cover hier extrem gut gewählt worden, verkörpert es sowohl Spirit als auch Humor der Band. Im Hintergrund brennt eine Stadt, während sich die Bewohner auf einem engen Pfad Richtung Bandbaum begeben. Sollte dahinter eine Message stecken? Die Symbolik deutet darauf hin, dass mit „Heritage“ ein völlig neuer Weg, fernab von alten Pfaden gegangen wird. Alte Fans könnte dies vergraulen, oder auch die Einzigartigkeit der Band hervorheben.

Genug der Symbolik, was gibt es musikalisches zu bieten? Das gravierendste vorweg: es befinden sich keine Death Metal Vocals auf dem Album! Das Kochrezept hat bei der Melodikperle „Damnation“ schon gut funktioniert und tut dem Album auch hier keinen Abbruch. Insgesamt wurde der Härtegrad um einiges zurückgefahren. Die Gitarren sind nicht mehr so aggressiv verzerrt, sondern flechten sich spielerisch in das Gesamtwerk ein. Der cleane Gesang thront allgegenwärtig über den Stücken, die mit einigen Überraschungen aufwarten. Das Schlagzeug experimentiert fleißig, der Bass ist ordentlich in den Vordergrund gemischt worden und die Keyboards verleihen de Stücken den 70er Jahre Flair.

Als Opener hält der Titeltrack her, der aus einem zweiminütigen Pianostück besteht, bevor die progressive Keule geschwungen wird („The Devil´s Orchard“, siehe auch das Video). Hier wird konsequent durchgezogen, was auf Alben wie „Blackwater Park“ angedeutet wurde: Psychedelic trifft Rock anno 2011, mit der Dynamik einer Metalband. Verspielt, überraschend und komplex. An manchen Stellen des Albums bricht man jedoch aus dem Verspielten aus und deutet die alte Härte an, die jedoch ausschließlich von den Instrumenten und nicht von den Vocals getragen wird. Im Laufe des Albums wird es teilweise sogar jazzig und auch an Gastmusikern mit alternativen Instrumenten (Querflöte, Hammond Orgel) wird hier nicht gespart. Die Experimentierfreude ist den Jungs sichtlich anzuhören und mit jeder Note tropft auch das Herzblut der Musiker aus den Boxen.

Alte Legenden wie LED ZEPPELIN, JETHRO TULL, KING CRIMSON oder GENTLE GIANT dürften beim Hören dieses Albums feuchte Augen bekommen, da es den Hörer direkt zurück in die 70er Jahre zurückkatapultiert und eine Verbeugung vor eben jenen Bands ist. OPETH haben es sich dieses Mal zur Aufgabe gemacht die Musik zu machen, die sie auch selbst gerne hören, was ihnen auch sehr gut gelungen ist. Ein Abklatsch oder Kopie oben genannter Bands ist „Heritage“ allerdings nicht, weil sich der rote Faden der Band durch das gesamte Album durchzieht. Ein Augenzwinkern „Damnation“ hier, ein kurzes Aufblitzen „Still Life“ da in Kombination mit viel Herzblut und fertig sind rund 60 Minuten vielschichtiger Spaß. Neben experimentellen Stücken („Häxprocess“), wird auch mit straighten Nummern
(„Slither“) die Anlage gerockt. Es ist eine wahre Pracht zu hören, wie einige Stücke sich während iher Spielzeit entfalten und eine wahre Offenbarung herantragen (bestes Beispiel:“Famine“).

Auch produktionstechnisch fährt man hier schwere Geschütze auf, so zeichnet sich Steven Wilson (PORCUPINE TREE) zusammen mit Herrn Åkerfeldt für das Endergebnis verantwortlich. Sauber abgemischt und mit einem erdigen Sound klingt das Album wie aus einem Guss, zeitlos und dennoch modern.

Fazit: Das Cover deutet es bereits an: dieses Album hätte auch in den 70ern veröffentlicht werden können, ohne die technischen Errungenschaften und Banderfahrung von OPETH 2011 zu schmälern. Fans der ersten Stunden könnten die Growl Vocals vermissen und mit der Experimentierfreudigkeit der Schweden ihre Probleme haben. Der Rest wird sich rundum wohl fühlen, denn eins ist sicher: OPETH ziehen ihr Ding durch und bewahren sich dadurch ihre Identität als Band

5,5/6 Punkten
Radu

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